Tag 15 – Das beste Team der Welt

Heute wird es leider weniger amüsant, dafür etwas persönlicher.

Nach einer guten Nacht zog die Karawane weiter. Wir liessen es ruhig angehen, studierten das Roadbook und freuten uns auf den Tag. Auf der Landstrasse deutete sich schnell am Horizont eine langegezogene Bergkette an, die immer noch mit viel Schnee bedeckt waren. Immerhin fahren wir selbst schon auf einem Plateau welches deutlich über 1000HM liegt.

Wir hielten gerade an, um einige Fotos zu machen als Rouven meinte der Willi sei einfach ausgegangen. Also routiniert Haube auf und als Dario meinte „da liegt ja der Deckel vom Kühlwasserbehälter daneben“ fuhr es mir wie ein Blitz durch Mark und Bein. Beim Routinecheck hatte ich bei Willi Kühlwasser nachschütten wollen, wurde abgelenkt und die Haube schloss sich ohne festen Deckel.

Vorbeifahrende Teams hielten kurz an. Wir winkten durch, da wir davon ausgingen nur Wasser nachkippen zu müssen. Als Team 34 „Die Kolbenfresser“, bestehend aus 6 KFZ-Meistern vorbeikamen fragten wir kurz um Rat. Ihre Diagnose war niederschmetternd – Zylinderkopfdichtung kaputt. Hatte ich die ganze Mission zerbombt mit diesem Fehler? Wir wissen es bis jetzt nicht.

Was wir aber wissen ist, dass diese six-camels die geilste Truppe unter der Sonne sind. Keine Vorwürfe, im Gegenteil. Ein „hätte jedem passieren können“ kam aus allen Kehlen. Nicht eine Sekunde Frust oder der Gedanke an Aufgabe, sondern sofort umschalten auf Lösungssuche.

Wie bestellt kam aus dem nichts ein Abschleppwagen am Ort des Geschehens vorbei. Er hielt an, wir schilderten die Situation die besagte, dass Willi unter allen Umständen um 17:00 Uhr im Fährhafen von Mersin sein muss – 180km entfernt. Auf dem Schiff sollte dann Zeit sein, die Reparatur zu versuchen. Wir wurden handelseinig, Chris stieg mit auf den Bock des Abschleppwagens, ich war immer noch in Schockstarre und legte mich hinten in einen Wagen, da auch sonst kein Platz war. Obwohl dann die Temperaturen erstmalig gut über 30 Grad gingen, begann eine irre Teamleistung. Es wurde telefoniert mit türkischsprechenden Kollegen aus Deutschland zum dolmetschen, das Orgakommittee wurde involviert, andere Teams änderten extra ihre Route um bei der Beschaffung der nötigen Zylinderkopfdichtung zu helfen. Michi und Dario lösten sich aus dem Konvoi um sich nur darum zu kümmern. Orly (Orgakomm.) sorgte ganz kurzfristig dafür, dass Chris und Michi die Einreise nach Israel per Schiff genehmigt wurde.
Alle wollten helfen und waren mit höchster Konzentration dabei. Selbst jetzt, parallel zu diesem Blog, whatsappen wir noch mit den beiden auf hoher See, da ein Werkzeug fehlt, welches in einem der anderen 90 Autos an Bord vermutet wird. Die Nadel im Heuhaufen versuchen wir zu finden, indem wir alle Teams anschreiben…

Wir alle hoffen darauf, dass die beiden Willi wieder fit bekommen. Ich selbst bin einfach stolz mit solchen Freunden unterwegs sein zu können. Danke Jungs!
Die six-camels machen es jetzt wie die kleine Prinzessin, die hingefallen ist. Wir richten unsere Höcker und stehen wieder auf.
Drückt uns die Daumen

Bis Morgen
Eure Six Camels

Tag 14 – Die Kamele haben Wandertag

Der Morgen begann entspannt. Wir schlenderten durch unsere Gastgeberstadt Ürgüp, fanden ein nettes Lokal zum frühstücken und planten den Tag. Erste Etappe war ein Aussichtspunkt in einer unbeschreiblichen Landschaft mit Felsformationen, in die sogar ganze Behausungen gehauen wurden. Wir ahnten noch nicht das wir eine für diese Veranstaltung ungewöhnliche Erfahrung machen würden. Die beste Aussicht hat man bekanntermassen von oben und so begab es sich, dass die Kamele tatsächlich ihre eigenen Füsse nutzen mussten. Ein nach 5600 km im Auto sitzend, gefühlt kilometerlanger Rundweg führte uns in alpine Landschaften. Die Luft wurde schon dünn als wir nach brutalen 20 Minuten den Gipfel erreichten. (Anm.d.Kamels: 2km und 100 Höhenmeter). 😉
Wir wurden für all diese Strapazen mit einem wirklich tollen Ausblick belohnt.
Nach dem Abstieg besuchten wir kurz die „Wandering Otters“, ein anderes Team auf gleicher Wellenlänge, welches wir am Wegesrand lagernd sitzen sahen. Nach einem kurzen Austausch nutzten wir den sandigen Untergrund um späktakulär driftend wieder abzuziehen. Die Hecks der Kisten schleuderten umher, der Staub wirbelte durch die Luft. Wie die Profis fühlten wir uns als wir quietschend den Asphalt wieder unter die Pneus bekamen. Einziger Unterschied zu Profis – die haben bei solchen Aktionen den Kofferraumdeckel zu. Wir hingegen bekamen nach einigen Minuten einen Anruf der Kollegen, die fragten ob wir ein paar Wasserkanister, einen Kulturbeutel und einige Rollen Klopapier vermissen. Die lägen da so überall in der Gegend rum… Wie war das mit den Kamelen?
Auf dem weiteren Weg gönnten wir uns einen leckeren türkischen Kaffee. Als wir wieder los wollten fand Dario einen Hammer in seinem Fussraum, sah keinen direkten Verwendungszweck dafür und schleuderte ihn fröhlich nach hinten ins Fahrzeug. Gekonnt zerschmetterte er dabei eine Bierflasche die auf dem Bett lag. Seitdem brauchen er und Rouven keinen Duftbaum mehr.
Der Rest des Weges war dann heute lockeres abrollen. Schon um 18 Uhr erreichten wir das heutige Nachtlager, leckere Köfte, einige gingen sogar zum Barbier. So sitzen wir nun hier, klönen, sichten Bilder und Videos und bereiten uns auf die morgige Etappe vor. Wir packen einige Sachen zusammen, da Otto, Willi und Kalle morgen auf die Fähre gepackt werden und uns quasi das Heim genommen wird. Stellt euch eine Träne in unseren Augen vor. 😉

Bis Morgen
Eure Six Camels

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Tag 13 – „Zündschloss ist Arsch“ oder aller kaputten Dinge sind drei

Egal was morgen passiert – der Titel wird sich ändern. Versprochen! Aber das Schicksal oder wer auch immer spielt uns gerade ein paar Streiche. Wir holen etwas aus…

Gestern Abend gingen wir noch kurz vor Mitternacht in ein Hamam, welches aus Thermalquellen gespeist wurde und 24h geöffnet hatte. Konstant 42° heißes Wasser lud zur feinsten Körperpflege. Dazu gönnten wir uns neben der ersten Dusche seit 8 Tagen, eine Massage incl. Peeling, verabreicht von einem starken, dicken, behaarten Mann. Neu für jeden von uns, aber extrem angenehm. 4 Bier später fielen wir in einen tiefen Schlaf, der leider nur 5h dauerte, da ja noch ein Besuch beim Oto anstand (Anmerkung des Kamels: Oto=Autowerkstatt).

Ali hatte wie versprochen seine Butze um 8 geöffnet. Schnell waren auch wieder zig Kollegen am Start. Das gemeinsame Fachwissen führte zu der banalen Erkenntnis „der Kühler is dod“. Ersatz wurde schnell beschafft. Das es sich dabei um ein Bauteil für einen seit mehr als 10 Jahren nicht mehr gebauten Renault handelte, besorgte niemanden der Beteiligten ernsthaft. Die Jungs hier sind Toyota um Lichtjahre voraus – nichts ist unmöglich ist hier wohl in die Wiege gelegt. Ein paar Trägerverformungen und Schlauchkürzungen später blubberte das alte Schätzchen wieder zufrieden vor sich hin. Beachtlich war die Rechnung – incl. Material zahlten wir 55 Euro!

Frohen Mutes zogen wir los, streiften den beeindruckenden Tüz Gölü, einen in über 900 Meter gelegenen 60km langen Salzsee. Die nun folgende Schnellstraße machte ihrem Namen alle Ehre – sie wurde schnell öde. Nach 30 Sekunden Beratung beschlossen wir einen 100km langen Umweg, der allerdings tolle Natur und kleinste Strassen versprach. Wir hielten an tollen Aussichtspunkten, ließen die Drohne steigen und genossen tatsächlich immer noch das gemeinsame cruisen. Aaaaallerdings setzt fahren das starten des Automobils voraus, womit wir wieder beim Titel des heutigen Tages sind. Euphorisiert vom gerade gesehenen hüpften wir wie immer in die Autos, der übliche Funkspruch „Wagen 1 ready, Wagen 3 feddisch…“ wurde unterbrochen von „Wagen 2 dod“. Der Zündschlüssel ließ sich beim besten Willen nicht bewegen. Das arretierte Lenkradschloss machte auch ein schleppen unmöglich. So wurden wir zum Spießer und riefen den ADAC an. 30 Minuten später stand Kalle auf dem Abschleppwagen und trotz begonnenem Ramadan fanden wir wieder einen feinen Typen der sich des Problems annahm. Wir gaben ihm dem Freibrief auf Schönheit verzichten zu dürfen, Hauptsache die Kiste läuft. So hatten wir tatsächlich nach 2h ein neues Zündschloss verbaut. Ob es von einem Trecker oder einem Toaster war ist ungewiss, auf jeden Fall flog der Zündfunke wieder. Ok, Scheibenwischer und elektrische Fensterheber funzten nicht mehr, aber ein paar Kompromisse muss man halt eingehen. 😉

Die letzten Kilometer ins tolle Ürgüp waren schnell erledigt. Das Camp ist ganz nett. Wir reparierten noch die letzten Defekte und ob ihr es glaubt oder nicht – Bier und Schnappes schmecken wieder blendend.

Bleibt gesund, wir tuns!

Bis Morgen
Eure Six Camels

Tag 12 – „Kühler ist Arsch“ oder aller kaputten Dinge sind zwei

Ein Wort vorab. Wir bekommen viel Zuspruch für unsere kleinen täglichen Berichte, sogar von ehemaligen Teilnehmern, und möchten uns dafür bei Euch herzlich bedanken! Macht umso mehr Spass nach langen Etappen das Laptop doch noch aufzuklappen.

Wieder einmal beginnt unser Bericht am Ende des Tages, bzw. in Haymana, dem Zielort der heutigen Etappe. Unser Lager ist der Marktplatz. Genau genommen sollte er es sein, leider ist er zu klein für alle Autos. So stehen wir nun in einer Seitenstrasse. Selbst einem Männerteam fällt es schwer dem etwas Nettes abzugewinnen. Doch wie immer machen wir auch daraus noch was Gutes, packen erstmalig unseren High-Tech Webergrill aus (oder wie heissen diese 5-Euro Schalen?) und grillen auf der Bordsteinkante unsere Errungenschaften des Tages – Huhn, Lamm, Tomaten, Zwiebeln und Paprika.

Zurück auf Los. Um 9 ging es los nach Ankara. In dem Wissen die heutige Etappe ist recht kurz und der Weg bietet so oder so keine Chancen auf spektakuläre Optionen, planten wir die „schnelle“ Variante über die gut ausgebaute Landstrasse, um endlich mal Zeit zu haben alle Bilder zu sichten und kurz zur Ruhe zu kommen. Soviel sei vorweg genommen. Pläne sind auf diesem Trip soviel Wert wie ein ne Eismaschine in der Antarktis.

In der zweitgrößten Stadt der Türkei fuhren wir zu einem alten Militärfeld mit einem kurzen Rennkurs. Alle Autos reihten sich auf, die Fahrer bereiteten sich auf einen Le-Mans-Start vor. Heißt sie stehen ca. 20 Meter vom Fahrzeug entfernt, rennen beim Startschuss zum hinter dem Wagen liegenden Schlüssel, starten den Wagen und preschen los. In der Formel 1 wurde dieser Start verboten weil es zu gefährlich erschien 14 Autos so starten zu lassen – wir waren heute drei von 90. 😉

Im Anschluss begann das Ende unseres Plans. Es ging rasend schnell zum Zielort und beim einparken begann Kalle zu rauchen wie ein altes Dampfross… Siehe Titel
Die Werkstatt packte nach eingehender Analyse von mehreren Fachleuten die Dichtpaste aus und klebte alles dicht. Dicht im Sinne der hiesigen Fachleute. Es spritze also nur noch aus 2 von ehemals 8 Löchern. Morgen heisst das für uns früh raus um einen neuen Kühler zu organisieren, damit wir auch diese Etappe meistern können. Der Weg ist halt das Ziel.

Bis Morgen
Eure Six Camels

Tag 11 – „Benzinpumpe ist Arsch“

Gegen 8 schälten wir uns langsam aus den Schlafsäcken. Blick auf schwarze Meer. Ok, man musste bewusst den ganzen Müll ignorieren der den Strand säumte. Chris und Uli ignorierten diese Deko genau wie die zahlreichen Quallen und tauchten ins kühle Nass. Für mindestens 60 Sekunden, da uns dann der Arsch abgefroren schien. Sollte „Kaltes Meer“ heißen diese Pfütze.
Am Start erwarteten uns Erstklässler die von jedem Team einen von Scout zur Verfügung gestellten Schulranzen geschenkt bekamen. Michi übergab für die Six-Camels den quietschpinken Tonister an ein glückliches I-Dötzchen.
Da Willi mittlerweile morgens noch schlechter aus den Federn kommt als wir, starteten wir ihn mit einem Tritt in den Hintern. Sprich Kalle schob ihn kräftig an und dann liefs. Lieder nur einige km.
In dem Selbstverständnis dass auf einer richtigen Rallye ein richtig cooles Auto kaputt gehen muss, fuhren wir schon fast stolz eine Werkstatt am Straßenrand an und fanden wie immer nach wenigen Minuten einen deutsch sprechenden Helfer.
Er wechselte in gut 2 Stunden Benzinpumpe und -filter und reparierte das Relais. Auf dem Deckel standen dann für alles zusammen 80 Euro. Da macht selbst Panne Spaß. 😉
Um die Zeit aufzuholen prügelten wir die Schiffe über die Landstraßen. Als die Sonne langsam unterging fuhren wir durch eine unvergleichliche Landschaft. Eine Hügelkette mit fantastischer Weitsicht durch die sich die Strasse wie ein langes Band zog. Das Licht war atemberaubend und wir nutzten die Gelegenheit und machten fantastische Aufnahmen mit Kamera und Drohne.
Nach dann doch wieder 12 Stunden im Sitz kamen wir happy am Ziel in Burgazckale an. Den Rest kennt ihr – Bier, Schnaps und Spaß.

Bis Morgen
Eure Six Camels

Weitere Bilder liefern wir nach. Internet ist hier ein rares Gut 🙂

Tag 10 – Schon über dem Schnitt

Der türkische Fussballverband stiftete uns ein leckeres Fruehstueck in unserem Camp. Gut gestaerkt ging es bei strahlendem Sonnenschein um 10 Uhr offiziell los. Wir entschieden uns für die kleinen Küstenstrassen, was etwas mehr Zeit erfordert, aber eben auch riesigen Fahrspass verspricht. Um es vorweg zu nehmen – wir bekamen ihn.
Nach einer sehr heftigen Schotterpiste wollten wir kurz einen Abstecher im Meer machen, bogen zum Strand ab, parkten und hatten unseren dritten Plattfuss. Damit lagen wir schon nach einer guten Woche einen über dem vom Orgakommitee veranschlagten 0 bis 2 Platten pro Team. Alles kein Thema dachten wir, lösten die Muttern… bis auf eine.
Nach einigen Versuchen war sie „rund“, sprich der Schlüssel packte nicht mehr. Ein vorbeifahrender Renter packte sofort mit an, konnte aber auch das Biest nicht lösen. Ein Anlieger erkannte die Situation, die beiden berieten sich und der Plan stand fest. Opa konnte zurück zu Muttern, die geduldig wartete. Anlieger fuhr zu Nachbar, besorgte eine Flex und legte selbst Hand an. Was wir von dem Mann mit Hemd und Pullunder nicht direkt erwartet hätten. Er zerlegte die widerspänstige Mutter mit derartiger Präzision, dass der schon befürchtete Besuch einer Werkstatt unnötig wurde. Wir erfuhren wieder mal Hilfsbereitschaft in Reinstform!

Kurz vor dem Ziel stand noch eine Sonderprüfung auf dem Programm. „Erste Offroad-Passagen“ stand dabei. Jetzt wissen wir was gemeint war. Über Stock und vor allem Stein erklommen wir einen Pass auf über 1000 Meter. Die Piste war brutal, einige Male setzen wir auf, der erste Gang wurde ein treuer Begleiter. Für den Beifahrer gab es ein besonderes Schmankerl – er durfte oft aus seinem Fenster das Gefühl geniessen nicht am sondern im Abgrund zu fahren.
Die Abfahrt runter zum Meer gestaltete sich in der Dunkelheit ebenso schwierig und herausfordernd. So endete unser Tag erst nach 13 Stunden. Wir sind platt, geniessen gerade unser Feierabendbier und freuen uns auf das Bett, aber auch auf die morgige Etappe. Es macht allen einfach richtig Bock.

Bis Morgen
Eure Six Camels

Tag 9 – Der Orient naht …

Wir zäumen heute das Kamel von hinten auf. Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende. 23 Uhr, wieder am schwarzen Meer. Es könnte allerdings auch auf einer Antarktis Expedition sein. Abends wird es lecker kalt und die Kamele frieren sich die Höcker weg. Liegt wohl auch daran, dass es über Tag heiß war und ebenso herging.
Zurück auf Los – das Camp im Zentrum Istanbuls löste sich gegen 10 Uhr auf. Wir kamen gegen 11 weg und fuhren, von einer Polizeieskorte begleitet, zur Blauen Moschee. Dort bot sich ein beeindruckendes Bild. Am Ort des Attentats von vor zwei Jahren sammelten sich gut 100 völlig verrückte Autos. Unzählige Touristen aus aller Welt schwankten zwischen Begeisterung und Ungläubigkeit. In allen Fällen jedoch zauberte dieses Spektakel allen ein Lächeln ins Gesicht. Jeder wollte ein Foto mit den Ausserirdischen.
Nach einem eher eintäuschenden Besuch der Moschee und einer Veranstaltung mit einigen Offiziellen begann der Wahnsinn des Tages. Unter dem Geleit von zahlreichen Polizeimotorrädern und -autos setzte sich die komplette Karawane in Bewegung. Strassen wurden gesperrt, alle Autos hupten, die Zuschauer entlang des Weges applaudierten. Dario folgte dem Beispiel vieler anderer und nahm auf dem Dach von Willi Platz. Er filmte den Wahnsinn und flog bei teilweise 80 km/h wie auf dem fliegenden Teppich durch Istanbul. Es gibt wohl bislang wenige Menschen die unter solchen Bedingungen über die Bosperusbrücke gefahren sind.
Die Schlange zollte dem mörderischen Verkehr dieser Riesenmetropole Tribut und zerfiel. Wir bahnten uns unseren eigenen Weg und fuhren kleinste Strassen mit einem Gefälle das gefühlt der Eiger Nordwand glich. Uli selbst fährt seit 35 Jahren Auto, aber die Vorstellung in diesem Berg anfahren zu müssen machte ihm Angst.
Ziel des Tages war die Zentrale des tuerkischen Fussballverbandes wo ein Freundschaftsspiel zwischen Teilnehmern der Teams und ehemaligen Nationalspielern des Gastgeberlandes stattfand. Man fragte sich nach kurzer Zeit in welcher Sportart die Herren unterwegs waren – Fussball war es sicher nicht. Aber was soll´s. Gewonnen hat wie so oft die gute Laune, der Spass und die gemeinsame Freude darueber, dass ein solches Erlebnis in der heutigen Zeit ueberhaupt moeglich ist.
Das gereichte Essen war richtig klasse und im anschliesenden Austausch von heimischen Vereinsdekos ueberreichte Rouven die Muetze des HSC Solingen an den Vizepraesidenten des tuerkischen Fussballverbandes.
Jetzt sitzen wir an einem schnell zusammengefrickeltem Lagerfeuer und lassen die enidrücke Revue passieren.

Bis Morgen
Eure Six Camels

Tag 8 – Ist an bul oder Ist an kamel

Was passiert an einem Ruhetag einer Rallye? Wir konnten es selbst kaum glauben – aber wir vermissten tatsächlich das Fahren.
Der Morgen begann nach zahlreichen Kaltschorlen und unserem Liebling, dem rumaenischen Wasser, erst gegen 9 Uhr. Nach und nach
pusteten die Kamele ihre Höcker auf und kamen gaaaanz langsam in die Hufe. Frühstueck umme Ecke, 6 Männerstuhlgaenge und der Tag war unser Freund.
Im Zuge der Vorbereitung hatten sich Chris und Uli vor einigen Wochen in einen Amazon Kaufrausch begeben und neben vielen unglaublich sinnfreien Dingen auch den Volltreffer geschossen – eine 12Volt Handdusche mit Tauchpumpe. Wir waren der Star im Lager. Das Ding funktionierte fantastisch und neben dem Spass kamen auch wieder angenehmere Duefte aus mancher Achsel hervor.
Den kulturellen Teil hielten wir sehr komprimiert. Ein Spaziergang zum Taximplatz, dessen geschichtstraechtige Historie nicht mehr zu erkennen war. Dann wieter zu Fuss zum Hafen
in der Absicht danach den gemuetlichen Teil des Tages zu beginnen. Das OrgaKommite machte uns einen kleinen Strich durch die Rechnung und Whatsappte die Sonderpruefung
eine Rose zu suchen. Das im Vorjahr von allen Teilnehmern angelegte Rosenbeet im gleichnamigen Rosenpark wurde von einem Team in diesem Jahr um einen weiteren Spross ergaenzt.
Diesen galt es zu suchen und den Fund zu dokumentieren. Mit dem Spuersinn eines orientierungslosen Zwergkaninchens und der Geschwindigkeit eines hueferkrankten Kamels
liefen wir zwei Stunden im Kreis – leider erfolglos. Erst nachdem uns Ahmed ansprach, Verkaeufer hochwertigester Plastikartikel und gebuertiger Duesseldorfer,
wussten wir wo das Roeschen versteckt war.
Im Anschluss ging es zurueck ins Camp, was uns weitere 60 Minuten Fussweg kostete. Wir haben es also tatsaechlich geschafft auf einer Autorallye mehr als 3 Stunden zu Fuss zu gehen.
Hoffentlich gibt das keine Punktabzuege!? 😉
Danach kümmerten wir uns um die Wüstenschiffe. Vorderreifen an Willi ab, weil Bremsleuchte brannte – alles ok. Der Dachträger, der drohte abzureißen, wurde fachmännischst mit einer Dachlatte, unseren beiden Leiterhälften und einem Fäustling so zusammengekloppt, dass wenn was abreißt es wohl das ganze Dach sein wird.
Nach einem koestlichen Doener wurde noch relaxt, gemeiert (schocken) und getrunken.

Es geht uns also blendend und wir sind heiß wie Dönerfett endlich wieder hinter dem Steuer sitzen zu dürfen.

Bis Morgen
Eure Six Camels

 

 

 

 

Tag 7 – Von Portugal nach Rom

Die Camels starteten frueh in den Tag. Um 8 war das Lager gepackt und die Faehre brachte uns kurze Zeit spaeter wieder auf die europaeische Seite in Richtung der 15 Millionen Metropole. An einem kleinen Strandcafe genossen wir ein typisch tuerkisches Fruehstueck und eine ebenso echte Toilette.

Diese Highlights wurden jedoch noch bei weitem von dem uebertroffen was dann kam. Die Camels bretterten eine traumhafte Kuestenstrasse Richtung Istanbul. Wir durchquerten kleine, uerspruengliche Doerfer und goennten uns dort die leckersten tuerkischen Kaffee.
An zahlreichen Stellen war die Aufbereitung der Strassen scheinbar noch nicht ganz abgeschlossen. Einige Regenschauer hatten aus den liebevoll mit Erdreich geformten Wellen eine unbeschreiblich matschige Piste geschaffen. Der Dreck sprizte meterweit, die Kisten rutschten in den Kurven besser als ein Ei auf Mayonnaise. War der Weg gut asphaltiert, schlaengelte er sich wie ein Bandwurm in einem endlosen auf und ab ueber 100km die Kueste entlang.

Umso groesser der Schock als wir den Grossraum Istanbul erreichten. Autos ohne Ende, ein fortkommen im Schneckentempo. Doch auch das hatte wieder gute Seiten. Wildfremnde Menschen lachten und hupten uns an, machten Fotos und lachten sich krumm als sie uns sahen. Doch gerade die Busfahrer schienen unsere Verzweiflung zu erkennen, wiesen uns den Weg und reichten uns sogar Wasser waehrend der Fahrt. Dadurch schafften wir es die Karawane zum Ziel zu bringen.

Jetzt sitzen wir im Zentrum einer tollen Stadt mit freundlichem Menschen und einem irren Nachtleben unter unserem sensationellen Gewittahzelt und freuen uns drauf morgen Zeit zu haben noch in tiefer in diese geile Stimmung eintauchen zu koennen.

Bis Morgen
Eure Six Camels

Tag 6 – Neulich in Portugal?!

So langsam verschwimmen Zeit und Raum. Ist heute Mittwoch oder Donnerstag? Sind wir in Asien oder Europa?
War gestern die 700 km Etappe oder war das schon vor 2 Tagen?

Der Plan heute Morgen war es, um 9 als Konvoi mit 150 Autos nach Canakkale zur offiziellen Eröffnung zur Gedenkfeier Trojas zu starten. Cooler Anblick, dachten wir. Leider hatte die zugesagte Polizeieskorte keinen Bock oder musste die Welt retten – auf jeden Fall eskortierte sie uns nicht. Als wir dann wagemutig den Verkehr einer mehrspurigen Schnellstrasse unter froehlichem Beifall zahlreicher Einheimischer ganz eigenstaendig komplett zum Erliegen brachten kamen wir zwar tatsaechlich als Konvoi irgendwann an. Leider war die Eröffnung dann aber vorbei. 😉

Alles kein Problem, denn wir sind ja auf einer Autorallye. Also Roadbook raus und los auf die „kurze“ Etappe. Anhand von knapp 30 Seiten mit 100 Bildern von Kreuzungen und Pfeilen sollten wir uns schnitzelartig durch die wunderschoene Gegend rund um Troja bewegen. Relevante Punkte sind mit Fotos zu dokumentieren. Die Beschaffenheit der Strasse, die Landschaft und unglaubliche Ausblicke liessen allerdings den alten Gaul zur Nebensache werden. Einige Nebenstrassen liessen den Spieltrieb kochen und die Luft verstauben.
Wir drifteten so ueber die Schotterpisten, dasss sich der Staub vermutlich erst eine Stunde spaeter wieder gelegt hat. Rouven und Dario, heute als Wagen drei unterwegs, waren minutenlang im totalen Blindflug.

Als wenig spaeter das Meer in Reichweite kam nutzten wir die erste Gelegenheit um in die warmen Fluten zu springen. Kuehles Bier und saftige Melone brachten eine sehr entspannte Stunde. So entspannt, dass Michi meinte es sähe aus wie gestern in Portugal – oder in welchem Land waren wir gestern?

Weiter gings auf kurvenreichen Kuestenstrassen. In einem Restaurant gab es hervorragendes Seafood – und leckeres Efes.
Auf dem Rueckweg knackte es verdaechtig auf Kalles Dach. Eine schnelle Inspektion ergab in der realen Welt die Diagnose zum Totalschaden. Dachrehling komplett durchgebrochen und verrutscht. In unserer Welt heisst das – „Gib mal nen Spanngurt“. Alles festzurren und weiter.

Nach „nur“ 270 km, aber doch wieder 10 Stunden im Sattel sitzen wir nun gemuetlich bei Bier und rumaenischem Wasser zwischen unseren Wuestenschiffen und bekommen das zufriedene Grinsen nicht aus dem Gesicht.

Bis Morgen
Eure Six Camels